Hugo Mancke
Ausstellung zum 120. Geburtstag vom 15.07. - 27.07.2007 - Galerie Altes Amt Schönecken
Hugo Mancke wurde am 15. Juli 1887 in Düsseldorf geboren. Nach dem Besuch der damaligen Kunstgewerbeschule ging er bis zum Kriegsbeginn 1914 an die Stuttgarter Bühne als Theatermaler. In der Nachkriegszeit vollzog er, veranlasst durch die ungünstige Wirtschaftssituation, die Trennung zwischen Broterwerb und künstlerischem Schaffen. Als Beamter wurde er 1952 pensioniert, lebte und arbeitete seitdem 28 Jahre in seiner Eifeler Wahlheimat. Hugo Mancke starb am 29.12.1979 in Jakobsknopp.

Die Ausstellung anlässlich des 120. Geburtstages zeigt Arbeiten von 1916 bis in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. Die Vielfältigkeit der ausgestellten Bilder könnte leicht den Eindruck einer gewissen Uneinheitlichkeit der Werke untereinander erwecken. Ein näheres Einlassen aber zeigt gerade Beziehungen auf, die sich im Zusammenhang betrachtet als eine einheitliche Lebenskomposition erweisen.

Aber wenden wir uns den ausgestellten Arbeiten zu. Die ersten erhalten gebliebenen Bilder zeigen Häuser und Motive der Etappe in Nordfrankreich 1916, Zeichnungen und Feldpostkarten,

die zu Tausenden gedruckt wurden. Die Skizzen aus Rumänien von 1918 erzählen vom farbigen Leben der Märkte, von der Einsamkeit der Landschaft, von den bunten Lagern der Zigeuner.
Die folgenden Arbeiten sind charakteristisch eigentlich für die ganze Düsseldorfer Zeit. Die zarten tonigen Stimmungen des Niederrheins bilden ein Hauptthema für diese realistische Epoche. Pappeln und Weiden im Frühnebel, Glanzlichter auf dem Strom - in unendlich vielen Variationen wurde Hugo Mancke nie müde, in verhaltenen Farben seine Heimat zu schildern. Fast alle Bilder dieser Lebenzeit, einschließlich der Motive aus dem Bergischen Land, verbrannten im zweiten Weltkrieg.

Dann, zu Beginn der fünfziger Jahre, tritt der Realismus zurück. Ist die Düsseldorfer Epoche charakterisiert durch die Arbeit nach der Natur, so sind die folgenden Malereien mehr Atelierbilder. Bilder, die aus der Erinnerung gemalt wurden und die mehr ideellen Charakter tragen, Bilder, in denen die Landschaft nicht mehr um ihrer selbst willen gemalt wird. Das Bild der Landschaft wird zur Aussage, die über die bloße Erscheinungsform hinausgeht.

Im Weiteren sehen wir das Landschaftsmotiv sich abermals wandeln. Nebelschwaden werden zu Gestalten, der Wasserfall belebt sich, um die Frühlingsblüten webt ein Geisterreigen. Zwar waren Wesen der elementaren Welt schon früher in den Zwergenbildern vorgekommen, aber mehr in traditioneller Weise, nun wachsen die Gestalten frei aus der Umgebung, aus den Formgebärden der Natur selbst heraus.

Aber der Verwandlungsprozeß der Landschaft geht weiter: Für Hugo Mancke verwandelt sich die äußere Landschaft in eine innere. Aus der Naturlandschaft wird eine Seelenlandschaft, aus dem Naturbild ein Seelenbild.

Dem inneren Aspekt entsprechend verwandeln sich die Farben. Ist die Düsseldorfer Palette bestimmt durch dezente Grautönungen, so steigert sich die Farbintensität ständig bis hin zu einer neuen Gruppe von Arbeiten des 80 Jährigen, bei der die Farben und Formen nicht mehr einer aus der Gegenstandswelt entliehenen Bildmotivation, wenn auch ins Seelische übertragen, dienen, sondern sich ohne eine solche ihren freien Ausdruck schaffen.

Wir können also vier Verwandlungsstufen des ursprünglichen Landschaftsbildes beobachten: die realistische Landschaft wird zu ideellen. Die ideelle Landschaft wird zur wesensdurchworbenen Landschaft. Diese verwandelt sich in Seelenlandschaft und Seelenbild. Endlich sprechen sich Form und Farbe selbst aus.

Im Zusammenhang mit diesen Stufen stehen Arbeiten, die aus der Auseinandersetzung mit der Zeitsituation entstanden sind, aber auch solche, deren Motive buddhistischer oder christlicher ikonographie entstammen und um deren Bildinhalte gerungen wird. Einen verhältnismäßig breiten Raum nehmen die stillebenartigen Blumenbilder ein. An ihnen wird wie fabulierend die ganze Empfindungsskala der Farben frei.

Sprachen wir eingangs von einer einheitlichen Lebenskomposition, so nicht im Sinne eines logischen Programms. Das Leben selbst in seinem inneren Ablauf macht im Bilde Lebensstufen sichtbar. Hugo Mancke hat nie im Sinne eines äußeren Zieles gearbeitet, hat sich auch nicht um die jeweiligen Kunstmeinungen gekümmert. In aller Stille ging er seinen Weg. Aus Ehrfurcht in der Begegnung mit der Natur und Leben fand er im künstlerischen Empfinden un Tun seinen Weg der Verinnerlichung, den Weg von der Natur zum Menscheninnern.

Günther Mancke